4.4 Georg Trakl (2)

Weitere bekannte deutschsprachige expressionistische DichterInnen waren Gottfried Benn (1886-1956), Georg Heym (1887-1912), Else Lasker-Schüler (1869-1945) und Alfred Lichtenstein (1889-1914).

Was ist der Expressionismus in der Literatur? Der Expressionismus kann als Reaktion einer jungen Generation auf die Selbstentfremdung des Menschen in der Gesellschaft (z.B. durch seine ökonomische Unterdrückung) gesehen werden. Wie die Bezeichnung selbst zum Ausdruck bringt, waren die Werke dieser Künstler "expressiv" - ausdrucksvoll und kräftigLesen Sie auch dieses Zitat über den Expressionismus.

"Zugrunde liegen ihr das Gefühl einer wachsenden Bedrohung, die Ahnung unvermeidlicher Katastropen, einer 'Menschheitsdämmerung'; damit verbunden sind die Auflehnung gegen Alltäglichkeit und schönen Schein. Ein Wirbel von Kritik, Protest und Aufbruch entsteht, der vor allem von den Zeitgenossen als krasser Bruch mit der Tradition empfunden wird. Die neue Literatur will nicht um ihrer selbst willen da sein, sondern wendet sich in brüderlicher Liebe dem Menschen zu. Für sein Daseinsrecht, für Sinn und Würde seiner Existenz zeigt sie sich zu kämpfen bereit." (Grabert et al., Geschichte der deutschen Literatur, p. 257)

Trakls Texte zeichnen sich durch eine dunkle, bildliche Sprache aus. Zu seinen berühmtesten Gedichten gehört  "Verfall," ein Sonett. Was ist ein Sonett? 

Das ehemalige Wohnhaus von Else Lasker-Schüler in Berlin-Wilmersdorf.

Ein Sonett ist ein Gedicht, das aus nur 14 Versen in vier klar geliederten Strophen besteht. Die ersten zwei Strophen (8 Verse) bilden die Quartette, die letzten zwei Strophen (6 Verse) die Terzette. Inhalt und Form der Strophen sind eng miteinander verbunden. Auch die Reimschemen, die vom Dichter benutzt werden, folgen einem vorgegebenen Muster: Das Arrangement des Reimes in den Terzetten unterscheidet beispielsweise das "italenische" von dem "französischen" oder dem "englischen" Sonett. Das Sonett entwickelt oft ein Bild oder Thema in den Quartetten, das in den Terzetten aufgelöst wird.

So auch in Trakls "Verfall": Das lyrische Subjekt gibt sich ganz der Atmosphäre eines friedlich anmutenden Herbstabends hin, der sich in den Terzetten als pure Illusion entpuppt. Der Tod ist unaufhaltsam - wir können ihn zwar, wie das lyrische Subjekt, zeitweilig vergessen, aber sein Kommen ist nur eine Frage der Zeit. In das apokalyptische Gedicht  "Im Osten" bringt Trakl nicht nur seine eigenen Eindrücke des Krieges an der Ostfront ein, sondern er entwirft auch eine verstörende Vision der "wilden" Zerstörungswut des Krieges im Allgemeinen.


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